Der Impfstatus von Mitarbeitern eines Unternehmens sollte zum Schutz der Belegschaft abfragbar sein, fordert auch der Arbeitgeberverband und einige politischen Organisationen in Deutschland. Der DGB in Baden-Württemberg dagegen sieht das kritisch. Wie sieht es nun aber rechtlich aus?
Mit der Impfung ist für viele Menschen wieder etwas Normalität in der Corona-Pandemie eingekehrt. Mittlerweile sind laut dem Sozialministerium über 50 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vollständig geimpft. Mehr als die Hälfte der Menschen können beim Restaurant-, Bar- oder Kinobesuch mit einem Impfnachweis ihre Freiheit genießen. Während der Impfnachweis in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens gewisse Erleichterung mit sich bringt, spielt er im Arbeitsleben bisher nur im medizinischen Bereich eine Rolle. Viele Berufstätige - etwa in den Produktionswerken – haben in solchen Krisen nicht die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Andere, die seit Monaten im Home-Office tätig sind, kehren Stück für Stück in die - manchmal engen - Betriebsbüros zurück. Der Arbeitgeber muss dabei mit entsprechenden hygienischen Vorkehrungen den Schutz am Arbeitsplatz garantieren. Über den Impfstatus seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiß der Vorgesetzte im Normalfall aber nichts.
Das soll nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) auch so bleiben:
"Wir sind gegen eine Regelung, die es erlauben würde, dass Arbeitgeber nach dem Impfstatus von Beschäftigten fragen dürfen."
Stattdessen appelliere man an die Verantwortung von jedem und jeder Einzelnen, sich impfen zu lassen. "Jede Impfung hilft, zu mehr Normalität im Privat- und Arbeitsleben zurückzukehren", so Kunzmann. Daran ändere auch der aktuelle Vorstoß von Arbeitgeberseite nichts. Beispielsweise der Arbeitgeberverband Südwestmetall hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, allen Arbeitgebern das Recht einzuräumen, den Impfstatus der Belegschaft abfragen zu dürfen. Dieser Schritt sollte notwendig sein, wenn man die Pandemie vollends in den Griff bekommen wolle. Es gehe darum, Geimpfte zu schützen. Dies sei nur möglich, wenn der Impfstatus der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekannt sei. Es ist doch absurd, dass Unternehmen bis heute kostenlose Corona-Tests anbieten müssen, aber nicht nach der Impfung fragen dürfen.
Bisher gilt die Impfstatus-Abfrage nur in Arztpraxen und Krankenhäusern. In diesen Bereichen ist es laut Infektionsschutz möglich, weil der Impfstatus eine ganz besondere Rolle für die Arbeit spielt. Nach sogenannten Impfdurchbrüchen in Pflegeeinrichtungen rückten aber auch Altenheime in den Mittelpunkt. Zuletzt war auch ein Heim in Tübingen betroffen. Rechtlich dürfte die nun von Arbeitgebervertreter geforderte Ausweitung auf alle Wirtschaftsbereiche indes schwierig werden. Dabei handle es sich um sensible, personenbezogene Informationen, die dem Datenschutz unterfallen.
Der oberste Datenschützer aus Baden-Württemberg ist dagegen, dass Arbeitgeber künftig ihre Mitarbeiter fragen können, ob sie geimpft sind oder nicht. Es ist wenig hilfreich, wenn die Abfrage pauschal ohne genau definierte Rahmenbedingungen gemacht wird. Die Abfrage wäre ansonsten "ein massiver Eingriff in die Privatsphäre". Man sollte jedoch dafür Verständnis haben, dass es für Arztpraxen und Krankenhäuser die rechtliche Möglichkeit gibt, den Impfstatus ihrer Beschäftigten abzufragen. Es sei auch denkbar, dass bisher praktizierte Verfahren auch auf Pflegeeinrichtungen auszuweiten. Hinzu komme, dass die Arbeitsschutzverordnung den Unternehmen verbiete, ihre Beschäftigten aufgrund solcher Informationen unterschiedlich zu behandeln - also Ungeimpfte etwa nach Hause zu schicken. Pauschal betrachtet erscheint dies auch als logisch und richtig, bedenkt man jedoch die Gefahren und Risiken bei einer solchen Pandemie, stellt sich die Frage ob das Wohl der Bürger in Deutschland nicht vorgehe?
Selbst Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich offen für eine solche Abfrage. Zumindest für einen Begrenzten Zeitraum von sechs Monate könnte er es sich vorstellen, so Spahn in der ARD-Sendung "Hart aber fair". "Wenn alle im Großraumbüro geimpft sind, kann ich damit anders umgehen, als wenn da 50 Prozent nicht geimpft sind", erklärte er. Ein Arbeitgeber müsste nachweisen können, dass ohne die Information des Impfstatus ein normaler Betriebsablauf nicht möglich ist - nur dann wäre eine Abfrage möglich. Dieser Nachweis dürfte für viele Arbeitgeber in aller Regel aber sehr schwerfallen. Manche Arbeitsrechtler halten es für möglich, dass Arbeitgeber mit Verweis auf ihre Fürsorgepflicht anderen Angestellten gegenüber den Impfstatus abfragen können. Eine bekannte Anwaltskanzlei betont der Tagesschau gegenüber, dass Unternehmen für ihre Mitarbeitenden Corona-Schutzmaßnahmen ergreifen müssten. Das könnten sie allerdings nur, wenn der Impfstatus bekannt sei - im Zusammenhang mit Corona wäre arbeitsrechtlich eine Ausnahme möglich.
Höchstrichterliche Urteile zu dieser Frage, etwa vom Bundesarbeitsgericht, gibt es noch nicht. Wie so oft bei Rechtsfragen rund um Corona besteht also auch hier eine gewisse rechtliche Unsicherheit, so der Rechtsexperten. Anders sehe es aus, wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen freiwillig mitteilen, ob sie geimpft sind. Denn mit Einwilligung der Betroffenen können Informationen über den Impfstatus erhoben werden.