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Die Regelungen zum Homeoffice ab dem 27.01.2021

Die Regelungen zum Homeoffice nach der ab 27.01.2021 geltenden Corona-Arbeitsschutzverordnung


Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat vom § 18 Abs. 3 ArbSchG ergebenden Recht Gebrauch gemacht, wonach es in epidemischen Notlagen von nationaler als auch internationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes auch vorerst ohne Zustimmung des Bundesrates spezielle Rechtsverordnungen zum Arbeitsschutz für einen befristeten Zeitraum erlassen darf. Das ist nun auch der Fall! Mit der ab dem 27.01.2021 geltenden Corona-Arbeitsschutzverordnung wird unter anderem nunmehr auch erstmals eine Pflicht zum Angebot eines Homeoffice-Arbeitsplatzes verpflichtend, wenn auch nur erst einmal für einen befristeten Zeitraum bis zum 15. März 2021. Ob dies dann eine generelle Gültigkeit erfahren wird oder wie angekündigt ersatzlos wieder zurückgenommen wird, ist definitiv unklar! Es zeigt sich immer wieder, dass gewisse Bestimmungen oder Erlasse dann auch später in die gesetzlichen Regelungen einfließen können bzw. übernommen werden. Welche Rechte und Pflichten sich nun daraus für die Arbeitsvertragsparteien ergeben und was Arbeitgeber und Arbeitnehmer jetzt beachten müssen, soll in dem nachfolgende Artikel näher beschrieben werden.

Achtung!!

Der Beitrag behandelt ein wegen der sich stets verändernden Krisenlage hochaktuelles Thema. Nach Erscheinen können sich sehr schnell Änderungen der Sach- und Rechtslage ergeben. Unser Autor gibt die ihm bekannte Sach- und Rechtslage mit Stand vom 22.01.2021 wieder.


1. Ziel der Arbeitsschutzverordnung

Die Corona-Arbeitsschutzverordnung ist in der heutigen Fassung ein Teil des Maßnahmenpakets der Bundesregierung zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie. Ziel dieser Verordnung soll es sein, die nach wie vor hohen Infektionszahlen zu senken. Die bereits bestehende SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel soll durch weitere Arbeitsschutzmaßnahmen flankiert werden. Neben der Einführung von Verpflichtungen zum Tragen bestimmter Mund-Nasen-Schutz Masken steht insbesondere die Reduzierung physischer Kontakte im Betrieb im Mittelpunkt der Verordnung. Eine Kernmaßnahme soll dabei die Vereinbarung von Arbeit im Homeoffice sein. Es stellt sich aber schon heute die Frage, ob solche Regelungen nicht in die generelle Praxis aufgenommen werden sollten. Aus meiner Sichtweise sollten hier dann aber noch einmal alle Vor- und Nachteile abgewogen werden. Es gibt immerhin noch sehr viele ungeklärte Sachverhalte, die einer Überarbeitung und weiterführenden Überlegung bedürfen!


2. Gefährdungsbeurteilung

Aber der Reihe nach. Vor der Tätigkeit im Homeoffice steht zunächst die Gefährdungsbeurteilung gem. §§ 5, 6 ArbSchG, die nunmehr durch § 2 der Verordnung ergänzt wird. Gem. § 5 Abs. 1 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren (§ 6 ArbSchG).

§ 2 der Verordnung verpflichtet nun den Arbeitgeber alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren. Die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen sei auf das betriebsnotwendige Minimum zu verringern. Dabei stellt sich die Frage, was mit den oftmals vorherrschenden Großraumbüros geschehen soll! Gleiches gelte für betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen, die nach Möglichkeit durch die Verwendung von Informationstechnologie zu ersetzen seien.


3. Pflicht zum Angebot die Tätigkeit im Homeoffice auszuüben

a. Grundsatz

Neben den oben dargestellten Grundsätzen äußert sich die Verordnung auch zu der in der Öffentlichkeit viel diskutierten Verpflichtung der Arbeitgeber Homeoffice-Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Nach § 2 Abs. 4 der Verordnung hat der Arbeitgeber den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.


b. Ausnahme: zwingende betriebsbedingte Gründe

Doch was bedeutet diese Pflicht für den Arbeitgeber und Arbeitnehmer nun konkret?

Zunächst gilt:

Arbeitgeber werden nunmehr nicht umherkommen, ihren Arbeitnehmern im Regelfall Homeoffice-Arbeitsplätze anzubieten. Sie können dies nur dann unterlassen bzw. das Verlangen des Arbeitnehmers auf Arbeit im Homeoffice nur dann ablehnen, wenn „zwingende betriebsbedingte Gründe“ vorliegen. Was dies für Gründe sein könnten oder welche Ausschlusskriterien es gibt, dazu gibt die Verordnung ebenso wenig wie deren Begründung her. Aufschluss geben nur die auf der Homepage des Ministerium zur Verordnung veröffentlichten Frequently Asked Questions (FAQ), die aber natürlich lediglich eine unverbindliche Auslegungshilfe sein können.

Klar ist, dass viele Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel, Logistik etc. nicht im Homeoffice ausgeführt werden können. Angesprochen sind hier daher vor Allem solche Tätigkeiten, die sich grundsätzlich für die Ausführung im Homeoffice eignen, die aber aus belegbaren und nachvollziehbaren betriebstechnischen Gründen nicht dorthin verlagert werden können.

Einigkeit dürfte darüber bestehen, dass Homeoffice für diejenigen Arbeitnehmer ausgeschlossen ist, die nicht ganz oder weit überwiegend mit Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten befasst sind. Dazu benennt das Ministerium beispielhaft Arbeitsplätze in den Bereichen Produktion, Dienstleistung, Handel oder Logistik. Entweder passt das Unternehmen in diese Auswahl, ansonsten muss man wohl eine eigene Auswahl treffen. Diese sollte dann gut begründet und dokumentiert werden. Sollte es zu Streitfällen kommen, wollen die Gerichte diese Gründe dokumentiert und begründet sehen.

Technische oder organisatorische Gründe und Versäumnisse, wie z.B. die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten können i.d.R. allenfalls befristet bis zur umgehenden Beseitigung des Verhinderungsgrunds geltend gemacht werden. Im Einzelfall können auch besondere Anforderungen des betrieblichen Datenschutzes als Verhinderungsgründe geltend gemacht werden.

Aber auch nicht alle Bürotätigkeiten führen nicht zwingend zu einem Recht auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz. Darunter seien „in der Regel alle Tätigkeiten zu verstehen, die geeignet sind, unter Verwendung von Informationstechnologie aus dem Privatbereich der Beschäftigten durchgeführt werden zu können.

Interessant ist die Auffassung des zuständigen Ministeriums, das in den FAQ meint, technische oder organisatorische Gründe und Versäumnisse, wie z.B. die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten könnten allenfalls befristet bis zur umgehenden Beseitigung des Verhinderungsgrunds als zwingende betriebliche Gründe angeführt werden. Dies dürfte in dieser Pauschalität wohl nicht zu halten sein. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich eine solche Verpflichtung zur Qualifizierung der Beschäftigten, der Anschaffung von IT-Ausstattung und Änderung der Arbeitsorganisation jedenfalls nicht. Vielmehr hält die Begründung ausdrücklich fest, dass keine Vorgabe bestehe, einen Telearbeitsplatz gemäß § 2 Absatz 7 der Arbeitsstättenverordnung zu vereinbaren und einzurichten. Allenfalls die Arbeitsschutzbehörden könnten dies gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen des § 22 Abs. 3 ArbSchG anordnen, wobei dann im Einzelfall zu prüfen ist, ob diese Anordnung tatsächlich rechtmäßig ist. Dies ist bei der Anschaffung von IT-Endgeräten oder der Umstellung der Organisation auf die elektronische Aktenführung durchaus heutzutage noch in Frage zu stellen.

Zwingende betriebliche Gründe sind im Übrigen immer dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer in seiner privaten Wohnung datenschutzrechtliche Vorgaben nicht einhalten kann, insbesondere weil Familienmitglieder oder auch sonstige Mitbewohner Zugriff auf Daten und Informationen haben könnten. Dies bedeutet aber auch, dass vor allem diejenigen Arbeitnehmer, die mit besonders sensiblen Daten (z.B. Gesundheitsdaten, Mandatsdaten, Buchhaltungsdaten, …) befasst sind, an ihrem Heimarbeitsplatz ein Datenschutzniveau sicherstellen müssen, das dem des Betriebs entspricht. Andernfalls entfällt auch für sie das Recht auf Homeoffice.

Arbeitgebern ist daher zu raten, nicht nur die Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren, sondern insbesondere auch die Entscheidung darüber, warum Homeoffice für bestimmte Arbeitsplätze nicht in Betracht kommt. Schließlich verlangt die Begründung der Verordnung, dass der Arbeitgeber nach § 22 Abs. 1 ArbSchG auf Verlangen der zuständigen Behörde diese Gründe darlegen muss.


c. Ausgestaltung des Angebots / Erzwingbarkeit

Liegen die Voraussetzungen für eine Tätigkeit im Homeoffice hingegen vor, ist dem Arbeitnehmer die Tätigkeit im Homeoffice anzubieten. Einseitig kann die Tätigkeit im Homeoffice durch den Arbeitgeber im Übrigen allerdings nicht angeordnet werden.

Selbst wenn also der Arbeitgeber meint, alle seine Arbeitnehmer könnten im Homeoffice arbeiten und dies aus Gründen des Infektionsschutzes auch für angebracht hält, bedarf es immer der Zustimmung der Arbeitnehmer. Insoweit ist die Verordnung eindeutig, wenn es heißt:

„Für die Beschäftigten besteht keine Verpflichtung zur Annahme und Umsetzung des Angebots.“

Die Verordnungsbegründung verlangt, dass zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten eine Vereinbarung bezüglich Homeoffice getroffen wurde, beispielsweise auf dem Wege einer arbeitsvertraglichen Regelung oder durch eine Betriebsvereinbarung. Arbeitgeber sollten auch hier den Arbeitnehmern ein schriftliches Angebot einer befristeten Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vorlegen, die übliche Homeoffice-Regelungen beinhaltet. Dies bietet sich schon aus Zwecken der Dokumentation auch gegenüber den Aufsichtsbehörden an.

Das bedeutet aber auch, dass selbst bei grundsätzlicher Einigkeit über die Tätigkeit im Homeoffice die Ablehnung der sonstigen Bedingungen des (schriftlichen) Angebots, z.B. zu Maßnahmen des Datenschutzes, als Ablehnung des Angebots insgesamt zu verstehen ist.


Auch diese Ablehnung durch den Arbeitnehmer sollte zwingend dokumentiert werden.

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